Im September und Oktober 2021 führte das ProRetro-Team vier Fokusgruppen-Diskussionen durch. Ziel war es, die im ersten Projektjahr entwickelten Geschäftsmodelle mit potentiellen Kund*innen zu diskutieren und so zu erfahren, wie die Konzepte ankommen. Dazu luden die Umsetzungspartner interessierte und potentielle Kund*innen des One-Stop-Shops zu einer virtuellen Diskussionsrunde ein. Das überwiegend positive Feedback bestätigt den Projektansatz. Die Rückfragen zeigen jedoch auch weiteren Handlungsbedarf auf.

Fokusgruppen sind eine qualitative wissenschaftliche Methode und werden genutzt, um die Meinungen und das Wissen verschiedener Personen zu einem bestimmten Thema innerhalb einer Gruppe abzufragen. Ein Leitfaden hilft die Gruppendiskussion zu strukturieren. Die besprochenen Fragen sollen den Umsetzungspartnern helfen, ihr Konzept für den One-Stop-Shop weiterzuentwickeln.

Vielfach positives Feedback zur Grundidee

Das Konzept von Sanierungen, bei denen “alles aus einer Hand” kommt, bewerten die Teilnehmenden übergreifend als sehr attraktiv. Die persönliche Zeitersparnis und das gebündelt vorhandene Fachwissen sind dabei die Hauptgründe, welche die Gebäudebesitzer*innen ansprechen. Aber auch die Spezialisierung der teilnehmenden Gewerke auf energetische Sanierung erscheint interessant, da sonst häufig an vielen verschiedenen Stellen nach passenden Handwerker*innen, Förderungsmöglichkeiten und Expertise gesucht werden müsse.
Vor allem für Eigentumsgemeinschaften könnte ein One-Stop-Shop wie der für Böblingen geplante die Hürden auf dem Weg zu einer energetischen Sanierung senken.

Gleichzeitig ergeben sich für den One-Stop-Shop bei Eigentumsgemeinschaften auch die größten Herausforderungen: Da Eigentumsgemeinschaften in bestimmten Fällen verpflichtet sind, mindestens drei Angebote von Handwerker*innen einzuholen und zu vergleichen, muss das Konzept für diese Zielgruppe noch angepasst werden.

Weitere Bedenken gegenüber der Beauftragung eines One-Stop-Shops bestehen nach Ansicht der Teilnehmenden vor allem in Fragen der Haftung und Gewährleistung. Die einzelnen ProRetro-Geschäftsmodelle unterscheiden sich darin, wie sie mit dieser Frage umgehen. Während im Geschäftsmodell der Raumfabrik in Wuppertal in der Regel die bauliche Umsetzung genauso wie die komplette Bauleitung und Qualitätsabnahme durch Handwerksbetriebe der Raumfabrik erbracht wird, werden in anderen Projektregionen lediglich Handwerker*innen zur Zusammenarbeit vorgeschlagen, die individuell für Leistung und Haftung verantwortlich sind.

Die Bereitschaft, für die Dienstleistung des One-Stop-Shops zu bezahlen, ist unter den Eigentümer*innen von Einfamilienhäusern hoch, da in diesen Fällen eine große zeitliche Entlastung erwartet wird. Bei den Eigentumsgemeinschaften gibt es zu diesem Thema unterschiedliche Meinungen. Zu beachten sind in jedem Fall Förderungsmöglichkeiten.

Weitere Ideen für die One-Stop-Shops

Viele Teilnehmende fänden eine Darstellung von guten Beispielen (good practice) mit Bilderreihen und Kostenaufteilungen auf der Homepage der jeweiligen Umsetzungspartner hilfreich. So könnte ein erster Eindruck von Größenordnung der Kosten verschiedener Sanierungsvorhaben gewonnen werden. In den Fällen, wo dies zum Geschäftsmodell des One-Stop-Shops passt, wird auch eine Übersicht und Vorstellung der verfügbaren Handwerker*innen gewünscht.

Generell erscheint den Teilnehmenden die Verfügbarkeit von möglichst vielen, aber einfach aufbereiteten Informationen, sinnvoll. Eine Möglichkeit, dies umzusetzen, sind Erklärvideos (z.B. zum Konzept des One-Stop-Shops). Mehrfach vorgeschlagen wurde zudem eine Möglichkeit zur direkten Kontaktaufnahme mit einer auf der Homepage namentlich (und bildlich) genannten Person. Die Umsetzungspartner haben in den Fokusgruppen somit zahlreiche Ideen für zukünftige Fortentwicklungen ihres Auftritts und Konzepts erhalten.

 

Informationen breit streuen

Die Teilnehmenden wurden auch gefragt, über welche Wege sie sich Informationen wünschen oder auch aktiv suchen würden. Die Antworten der Teilnehmenden helfen Ansätze zu entwickeln, wie der Bekanntheitsgrad der ProRetro-One-Stop-Shops gesteigert werden kann. Dabei zeigte sich, dass vor allem Druckprodukte wie Flyer unterschiedlich bewertet werden.

Manche bewerten diese als schnell veraltet und unnötig, während andere sie als praktisch ansehen. Hier gilt es im weiteren Verlauf des Projekts die individuellen Ergebnisse der Diskussionen standortspezifisch auszuwerten. Zweigeteilt wurden auch Online-Newsletter gesehen: Während einige Teilnehmende sich diese als punktuelle Information und Erinnerung wünschen, sieht ein großer Teil der Teilnehmenden diese als zu selten und, weil nicht permanent verfügbar, ungeeignet an.

Insgesamt wünschen sich die meisten Teilnehmenden eine übersichtliche und ausführliche Homepage mit Informationen über das One-Stop-Shop-Angebot für ihre Region. Die Teilnehmenden empfehlen auch, die Organisationen im Netzwerk des One-Stop-Shops in die Bewerbung des Angebots einzubinden. Einzelne Bevölkerungsgruppen, wie z.B. Neubürger*innen, sollten nach Meinung der Teilnehmenden direkt durch die Kommunen über das One-Stop-Shop-Angebot für eine Sanierung informiert werden.

Einige Fragen sind noch offen

Insgesamt zeigt sich, dass es ein großes Interesse und auch Bedarf an den Leistungen der One-Stop-Shops zu geben scheint. Die rechtlichen Rahmenbedingungen und Finanzierungsfragen müssen jedoch in den Projektregionen im Laufe der Testphase genauer untersucht werden. Auch das Verhältnis zu selbstständigen Energieberater*innen, die teilweise überschneidende Leistungen anbieten, ist zu betrachten. Eine Schaffung von Parallelstrukturen soll vermieden werden. Die Frage nach der Möglichkeit, den One-Stop-Shop schon vor einem Hauskauf beratend einzubinden, um potentielle Kosten einer Sanierung zu ermitteln, zeigt das Interesse am Ansatz besteht. Zugleich wird die Herausforderung deutlich, dass die One-Stop-Shop-Konzepte möglichst vielen individuell unterschiedlichen Ansprüchen gerecht werden sollen.